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…Visionen verwirklichen: Miteinander Frieden teilen

Als im letzten Wintersemester anlässlich des Gedenkens an 80 Jahre Kriegsbeginn und 75 Jahre Kriegsende und angesichts populistischer und rechtsradikaler Tendenzen in Europa eine Gruppe künftiger Pfarrerinnen und Pfarrer in einem Planspiel in der Ev. Fakultät gemeinsam experimentierten, wie sich die theologischen und politischen Schlagworte von Frieden, Versöhnung, Solidarität und Gerechtigkeit auf den Gemeindealltag transformieren lassen, war das Ergebnis in Form eines Versöhnungsfestes zwischen Kulturen, Muttersprachen, Generationen und Milieus nur eine Vision auf einem Flyer. Dann kam Corona und die Vision rückte in weite Ferne.

Erst als sich in der Zionsgemeinde und in der St. Petronillagemeinde sowie in der Flüchtlingshilfe Münster-Ost Menschen von dieser Vision begeistern ließen, nahm sie wieder konkretere Gestalt an; als sich dann noch die Bezirksregierung und die Jury für den „Heimatscheck NRW“ ebenfalls für diese Idee begeistern ließen, wurden aus Ideen Planungen und aus Planungen Aufgaben von Aufräumen bis Zubereiten.

Am ersten Septemberwochenende konnten interessierte Handorfer:innen das Ergebnis miterleben:

Auch wenn – anders als im Planspiel-Flyer – alle Veranstaltungen nur im kleinen Kreis auf Abstand, mit Rückverfolgungszetteln und mit Maske stattfinden konnten, zeigten sich die Teilnehmenden begeistert von dem Angebot, begeistert und fasziniert am Freitag vor allem von den Solo-Improvisationen auf der arabischen Laute (Oud) zu den Märchen für Kinder und Erwachsene, die auf Arabisch und Deutsch vorgetragen wurden und die aus alten Vorlagen neu erzählt und umgedichtet worden waren. Ebenso wie die dazu gehörigen Bilder der Ausstellung des AphorismA-Verlages (Berlin) sind sie ein Gemeinschaftswerk von deutschen und arabischen Künstler:innen und Kindern. 

Trileçe - Dreierlei-Milch-Kuchen (Albanien)

Erfreut wurden Köstlichkeiten aus verschiedenen Ländern am Freitag nach der Lesung als kleine Kostproben verpackt oder als Kochbuch präsentiert mitgenommen. Letzteres war in einem kleinen vorbereitenden interkulturellen Ferienprojekt der FlüMO entstanden.

Trileçe – Dreierlei-Milchkuchen (Albanien)

Auch wenn kein ursprünglich geplanter großer internationaler Chor möglich war, fanden am Samstag die im kleinen Kreis einstudierten und in der gemeinsamen Andacht vorgetragenen Lieder in fünf verschiedenen Sprachen bei allen Beteiligten großen Anklang. Ein plattdeutsches Liebeslied und Friedensgedicht, Verse des persischen Dichters Hafis (im Original) und aus dem Koran (auf Albanisch) waren zu hören und vereinigten sich mit vertrauten Bibeltexten in arabischer, spanischer und persischer Sprache zu einen harmonischen Klangteppich. Auf diese Weise leuchteten an diesem Abend – wie im abschließenden Text von Nelson Mandela angeregt und im swahilischen Lied gesungen– die Lichter der Menschen und Kulturen in einem kleinen Friedens- und Gemeinschafts-Feuerwerk. 

Auch wenn am nächsten Morgen die Gottesdienste wieder getrennt in beiden Kirchen gefeiert wurden, griffen in Zion Lieder und Texte das Anliegen dieser drei Friedenstage auf und leiteten über zu einer polnisch-deutschen Konzert-Lesung mit Klavier-Stücken von Chopin, Debussy, Gonzales und Brahms und Gedichten und Texten von Zbigniew Herbert, der sein Leben lang in preisgekrönten Versen nicht nur mit spitzer Feder gegen Unterdrückung, Okkupation und Populismen angedichtet hatte, sondern sich für die Bewahrung und Wertschätzung des gemeinsamen europäischen Erbes eingesetzt, weil es erkennen lässt, „dass es ein größeres Vaterland gibt als die eigene Heimat.“.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass sich Visionen verwirklichen lassen, wenn sich genügend Menschen begeistern lassen, dass Frieden manchmal ungewöhnlich und in kleinen Portionen, aber immer faszinierend daherkommt, und dass am Ende wieder eine Vision bleibt: Dass diese drei Tage wie ein ins Wasser geworfener Stein nicht einfach spurlos versinkt, sondern Kreise zieht – in Herzen und Gemeinschaften. 

Die Veranstalter stellen Konzept und Materialien gern zur Verfügung. Kontakt: über den Vorstand Dr. Geert Franzenburg oder efm@gmx.info